Codes in der Filmproduktion

15. März 2013
15. März 2013 Sascha Reitermann

Codes in der Filmproduktion

Codes in der Filmproduktion

Ergänzend zu unserem Beitrag über die Bildsprache wollen wir in diesem Beitrag den Begriff des Filmcodes noch einmal aufgreifen und anhand eines Beispiels zeigen, wie solche Codes wirksam sind.

 

Filmcodes sind kulturabhängig

Wenn Informationen vermittelt werden sollen, spielen Aspekte wie Erwartungshaltungen, Konventionen und Gewohnheiten eine entscheidende Rolle. Damit eine Nachricht auch verstanden wird, muss sich der Kommunikator gewissen festgelegten gesellschaftlichen Regeln bedienen.

Film spricht nämlich zum einen durch Denotation zu uns, das heißt das Filmbild bedeutet einfach das, was es zeigt, zum anderen aber ist es auch konnotativ: das Gefilmte wirkt vor allem über eine weiterführende Symbolebene und erhält eine übergeordnete Mitbedeutung. Vereinfacht gesagt: Die Rose steht dann nicht mehr für einen Vertreter der botanischen Familie der Rosaceae, sondern wird zum Symbol für die Liebe.

Gerade solche Codes, die auch außerhalb der Filmwelt existieren, sind von gesellschaftlichen Normen und Werten abhängig. Es besteht sozusagen eine feststehende kulturelle Ikongraphie (bestimmte Bilder haben bestimmte Bedeutungen), jedoch ist diese auch dynamisch und modifizierbar.

Dementsprechend kann es aber bei einer interkulturellen Kommunikation zu Missverständnissen kommen, wenn die benutzte Symbolik in der anderen Kultur keine oder andere Entsprechung haben. Ein bekanntes Beispiel hierfür wäre die Fingerkreis-Geste: Ein Ring mit Daumen und Zeigefinger in Kopfhöhe heißt in Nordeuropa und -amerika soviel wie „hervorragend“, im südlicheren Teilen Europas dagegen kommt die Geste einer obszönen Beleidigung gleich.

 

Codes im Film: Beispielfilm

Auch wenn solche Codes nicht immer direkt ins Auge springen, so sind sie dennoch vorhanden. Wie das folgende Beispiel zeigt, kommt dies vor allem dann zum Tragen, wenn ein Film bewusst mit dieser Codierung spielt, den Betrachter auf falsche Fährten lockt und so das Grundgerüst der filmischen Kommunikation offenbart:

https://vimeo.com/video/36305675

Der Film verwendet ¾ seiner Länge um den Hauptdarsteller (vermeintlich) eindeutig zu charakterisieren. Anfangs noch im Unklaren gelassen, warum der scheinbar relativ gutsituierte Protagonist wegen einer dringenden Nachricht aus seinem Schlaf gerissen wird, ist man sich nach einiger Zeit fast sicher, dass sein Wohlstand wohl nicht auf einer legalen Einkommensquelle fußt.

Zahllose Erkennungscodes geben uns hier etwas anderes zu verstehen. Ein gesichtsloser moderner schwarzer Ritter als Motorradfahrer in dunkler Lederkluft wird mitten in der Nacht zu einem eiligen Termin gerufen, dessen Wichtigkeit ihn mehr oder weniger rücksichtslos und mit haarsträubender Geschwindigkeit durch die fast leeren Straßen einer urbanen Häuserschluchtenlandschaft rasen lässt. Vielleicht ein Drogendeal?
Während der Zuschauer noch grübelt, ob es denn nicht doch etwas anderes sein könnte, wird dieser soeben gewonnene Eindruck immer weiter forciert.

Dann erscheint plötzlich kurz ein kleines Mädchen im Laderaum eines Trucks. Realität oder Halluzination? Der Einschnitt des Medaillons vom Anfang des Films schafft eine Verbindung und vergrößert die Wahrnehmungsebene um weitere Bedeutungszusammenhänge. Ein Vater auf der Suche nach seiner entführten Tochter? Warum wurde sie entführt? Ist der Mann eine hochrangige Person eines kriminellen Kartells und wird nun erpresst?

Die flüchtigen Begegnungen mit Prostituierten und zwielichtigen Mitgliedern einer Motorrad-Gang auf seinem Weg lassen wenig andere Schlüsse zu und verorten ihn scheinbar eindeutig in ein kriminelles Milieu. Seine fragend-erkundenden Blicke lassen vermuten, dass er vielleicht gegen seinen Willen in die Illegalität gezogen wurde, aber er scheint auf jeden Fall in irgendeiner Weise zu dieser Welt zu gehören.

 

Nicht der einzelne, sondern das Zusammenspiel aller Codes bestimmt die Rezeption

Auch wenn die Auflösung am Schluss die Frage nach dem Mädchen auf dem Medaillon offen lässt, so erfährt der Zuschauer doch zumindest, womit der undurchsichtige Mann auf dem Motorrad wirklich sein Geld verdient. Dass man damit nur bedingt rechnen konnte, liegt an der Gesamtheit der verwendeten assoziativen Codes, die allesamt auf halbseidene verbrecherische Tätigkeiten verweisen.

Der in unserer Gesellschaft verankerten prototypischen Vorstellung eines Kriminellen kommt diese Darstellung viel näher als der eines Arztes. Doch es sind nicht nur die Bilder, die uns zu dieser Annahme verleiten, auch der generelle Bildaufbau, der Schnitt und die tonale Code-Ebene vermitteln Gefahr und Hektik; Attribute, die freilich durchaus auch für einen Arzt zutreffend sind, durch die Kontextverschiebung lag dieser Transfer aber zunächst außerhalb des konnotativen Blickfeldes des Betrachters.

Die Kommunikation eines Films ist dann besonders erfolgreich, wenn die verwendeten Codes eine Bedeutung haben, die über die bloße Szene hinausgehen. Dadurch, dass wir diese Codes aus unserem alltäglichen Leben kennen, haben sie einen tieferen Einfluss auf unsere Wahrnehmung, das Gesehene berührt uns.

Wie der Beispielfilm zeigt, ist das Ensemble der beschriebenen filmsprachlichen Mittel ein ebenso überaus komplexes wie auch fragiles Gerüst, das durch die kleinsten Fehler zusammenzubrechen droht. Ist die Filmsprache nicht perfekt auf den gewünschten Effekt abgestimmt, lässt sich die Botschaft nicht übermitteln.

 

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