Zurück in die Zukunft – Die Entstehungsgeschichte von Virtual-Reality

8. Dezember 2017 Eva Michely

Zurück in die Zukunft – Die Entstehungsgeschichte von Virtual-Reality

Technologieriesen wie Apple, Google, Facebook, Samsung und Sony übertrumpfen sich seit einer Weile mit der Entwicklung innovativer VR- und AR-Apps und Devices. Nichtzuletzt seit Oculus 2014 von Facebook aufgekauft wurde, haben sich die Entwicklungen auf dem VR-Markt rasant beschleunigt. Das Bestreben, realitätsnahe, synthetische Welten abzubilden ist jedoch kein Phänomen des jungen 21 Jahrhunderts. Gerade so schaffte es die Matrix (1999) noch im letzten Jahrhundert auf die Leinwand und hat mit ihrer Version einer düsteren immersiven Welt die Kulturlandschaft nachhaltig geprägt. Mehr als fünfzehn Jahre zuvor hatte bereits der Kultfilm Tron, mit Jeff Bridges in der Hauptrolle, ein breites Kinopublikum in eine ähnlich unerfreuliche digitale Welt eintauchen lassen.

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Weitaus weniger einflussreich war The Lawnmower Man von 1992, obwohl der Film zumindest teilweise auf dem Leben des Mannes basierte, der den Begriff „Virtual-Reality“ geprägt hat. Jaron Lanier, in The Lawnmower Man von Pierce Brosnan verkörpert, ist einer der bedeutensten VR-Pioniere der Gegenwart und hat die stetig wachsende Technologie auf den Namen „Virtual Reality“ getauft.

Jaron Lanier

Als Gründer des Visual Programming Lab (VPL) erdachte Lanier gemeinsam mit seinen Entwicklern nicht nur die ersten VR-Headsets sondern auch die ersten VR-Handschuhe und legte so den Grundstein für die VR-Haptik die diese Tage auf den Sprung in den Massenmarkt ansetz.

Erst in diesem Jahr erschien Laniers neues Buch Dawn of the New Everything – Encounters with Reality and Virtual Reality – eine autobiographisch beeinflusste Einordnung der virtuellen Realität in die Kulturlandschaft der Gegenwart. Eine Zäsur in Buchform die es nachdrücklich verstehbar macht warum Lanier für das Times Magazine zu den 100 Einflussreichsten Persönlichkeiten zählt.

Um das Feld der Virtual-Reality jedoch in seinem ganzen Panorama zu überblicken, lohnt sich der Sprung zurück in das doch so ferne frühe 19. Jahrhundert.

Virtual-Reality im 19. Jahrhundert

Die panoramische Malerei hat ihren Ursprung im 17. Jahrhundert, erreichte ihre Blüte in Europa jedoch erst im 19 Jahrhundert. In diesem Jahrhundert der Nationalstaatenbildung verwundert es kaum, dass die panoramische Malerei sich vor allem Kriegs- und Landschaftsszenen widmete. Ebenso wie die VR beeindruckt sie durch ihre Bildgewalt und zielt darauf ab, Menschen unvermittelt und unmittelbar in die künstlerische Welt hinein zu versetzen.

"The Battle of Atlanta" - panoramisches Rundgemäle der Schlacht von Atlanta im Juli 1864

„The Battle of Atlanta“ – panoramisches Rundgemäle der Schlacht von Atlanta im Juli 1864 Quelle: www.atlantahistorycentre.com

Im Einklang mit der zunehmenden Industrialisierung war das 19. Jahrhundert auch die Ära des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts. 1838 belegte der britische Wissenschaftler Charles Wheatstone, dass das räumliche Sehen beim Menschen auf der Integration zweier zweidimensionaler Bilder beruhte: Jedes Auge nimmt je ein zweidimensionales Bild wahr und beide Bilder werden im Sehzentrum dann zu einem einzigen dreidimensionalen Bild zusammengefügt. Das Prinzip des menschlichen Sehens nutzte Wheatstone sodann zur Entwicklung seines Stereoskops. Auch das heutige Google Cardboard beruht auf dieser fundamentalen Einsicht Wheatstones.

Virtual-Reality im 20. Jahrhundert

1929 entwicklete die Link Aviation Devices Inc. eine Gerätschaft, die der Vorreiter heutiger Flugsimulatoren werden sollte. Während des 2. Weltkrieges wurden ca. eine halbe Million US-amerikanischer Soldaten mit dem Link-Trainer auf den Kriegseinsatz vorbereitet.

Link-Trainer. Quelle: wikipedia.org.

Der Link-Trainer reagierte auf die Eingaben der Piloten und verfügte bereits über integrierte Motoren, die Flugturbulenzen nachempfinden konnten. In dieser Hinsicht erinnert er an Virtual Vietnam, ein auf VR basierendes Instrument, dass zur Therapie post-traumatischer Belastungsstörungen von Vietnamveteranen entwickelt worden war. Zur Behandlung ehemaliger Helikopterpiloten stütze sich auch Virtual Vietnam auf Motoren und Subwoofer-Systeme, um Kampfszenen möglichst realitätsgetreu nachzustellen.

Kopfkino in den Sechzigern: Die ersten Headsets

Zu den bedeutendsten VR-Visionären des 20. Jahrhunderts zählt Morton Heilig. Schon in den Fünfzigern entwickelte der passionierte Cinematograph sein Sensorama, das er 1962 patentieren ließ und für das er selbst gleich sechs Kurzfilme produzierte. Ausgestattet mit Ventilatoren, vibrierenden Sitzen, einem Stereosystem und stereoskopischem 3D sollte das Sensorama ganz im Sinne der Immersion seine Besucher direkt in die Filmwelt hineinkatapultieren.

Ebenfalls im Sinne der Immersionserfahrung entwickelte Heilig das weltweit erste Headset, auf das in Kürze weitere, höhere entwickelte Headsets anderer Hersteller folgten. 1961 entwickelte die Philco Corporation das Headsight für den militärischen Einsatz. Das Headsight-Kopfteil bot je einen Bildschirm für jedes Auge und verfügte bereits über magnetisches Motion-tracking. Gekoppelt mit ferngesteuerten Kamerasystemen konnte jede Kopfbewegung des Headsight-Trägers auf die Kameraobjektive übertragen werden. Auf diese Weise konnten gefahrenvolle Umgebungen aus sicherer Entfernung überwacht werden.

In seinem Essay „The Ultimate Display“ formulierte Ivan Sutherland 1965 eine weitgreifende VR-Vision. In Sutherlands Vision verschmolz die virtuelle mit der tatsächlichen Realität so stark, dass die Wahrnehmung der einen nicht mehr von der Wahrnehmung der anderen zu unterscheiden sein sollte. Wie in der Matrix sollten auch in Sutherlands virtueller Welt computergenerierte Gegenstände unmittelbar und körperlich erfahrbar sein.

Aufbauend auf seiner VR-Vision entwickelte Sutherland 1968 das Sword of Damocles. Das Sword of Damocles basierte auf dem stereoskopischem Prinzip und speiste computergenerierte Grafiken und Bilder in das Headset ein. Die Grafiktechnologie der Zeit war allerdings bei Weitem noch nicht in der Lage, Sutherlands zukunftsträchtiger Vision gerecht zu werden.

Flips und Flops in den Neunzigern: Virtual-Reality von SEGA und Nintendo

Mit dem Anbruch der neunziger Jahre hielt die VR Einzug in die Spielhallen der Welt. Aber erst SEGA und Nintendo brachten VR-Produkte auf den Markt, die in der Bequemlichkeit des heimischen Wohnzimmers bespielt werden sollten. 1993 kündigte SEGA die Komplettierung der Genesis Spielkonsole mit einer VR-Brille an, die über Motion-Tracking, Stereosound und kleine LCD-Bildschirme verfügen sollte. Zur Enttäuschung von Konzern und Kunden schaffte es die Brille jedoch nicht über die Prototyp-Phase hinaus.

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Auch dem Virtual Boy von Nintendo war kein triumphales Ende beschieden. Der Virtual Boy schaffte es 1995 zwar auf den Markt, hatte aber bereits ein Jahr später das Ende seines Produktlebenszyklus erreicht. Angekündigt als die weltweit erste tragbare 3D-Spielkonsole hatte der Virtual Boy hohe Erwartungen geschürt – und auch enttäuscht. Vor allem die Grafikleistung blieb weit hinter den Erwartungen der Gaming Community zurück; beispielsweise konnte er außer schwarz und rot keine weiteren Farben abbilden.

Nur die Zukunft ist bunter: Virtual-Reality im 21. Jahrhundert

Das 21. Jahrhundert hat bedeutsame Schritte hin zur Umsetzung von Sutherlands virtueller Vision gemacht. Für die Grafikleistungen moderner VR-Headsets sind kaum mehr Grenzen gesetzt – für die Erschwinglichkeit der neuesten Technologie hingegen schon. High-end-Geräte wie das Oculus Rift kosten trotz Einführung auf dem Massenmarkt noch bis zu 450€. Dem entgegen stehen die immer höheren Grafikleistungen der gängigen Smartphones, die in Verbindung mit einem Google Cardboard kostengünstige und durchaus passable VR-Erlebnisse möglich machen.

Google Cardboard. Quelle: wikipedia.org.

Zweifelsohne haben Virtuelle Welten einen maßgeblichen Einfluss darauf gewonnen, wie wir unsere tatsächlichen, alltäglichen Lebensräume gestalten und erleben. Während die VR Marketing- und Vertriebsstrategien bereits öffentlichkeitswirksam revolutioniert hat, leistet sie stillere Arbeit in den Bereichen der Forschung und der Medizin. Mit Hilfe von VR-Simulatoren werden inzwischen nicht nur Fachärzte geschult, sondern auch psychische Beschwerden wie Phobien und PTSD behandelt.

Ein Forschungbereich der Psychologie mit dem Namen Empathy Studies befasst sich derweil mit den Potentialen der VR in der Bekämpfung von Stereotypen und der Ausbildung von Empathie. Empathie ist kein fester Charakterzug, sondern wird maßgeblich durch individuelle Lebensumstände beeinflusst. Dementsprechend kann Empathievermögen gezielt eintrainiert werden. Da es in der VR möglich ist, die Erfahrungen eines anderen zu teilen, mag die VR auch im Empathietraining noch Unverhofftes leisten können.

Mehr über die Zukunft von Virtual-, Augmented- und Mixed-Reality lesen Sie in unserem Artikel Immersives Computing durch Mixed-, Augmented- und Virtual-Reality: Wie wir in 20 Jahren leben werden.

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