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ThinkReality A6 – Lenovos Starter auf dem AR-Headset-Markt

ThinkReality A6 - Lenovos Starter auf dem AR-Headset-Markt

Bildrechte Titelbild: © AndSus - Adobe Stock

ThinkReality A6-Headset. Bildquelle: designnews.com

Der chinesische Konzern Lenovo legt nach dem Release des Mirage-Solo-VR-Headsets und der Star-Wars-AR-Anwendung „Jedi Challenges“ mitsamt eigener Brille nun auch ein AR-Headset für die Anwendung in der Industrie nach. Der Launch der neuen Brille wird auf Basis der auf AR-Hard- und Software spezialisierten neuen Untersparte ThinkReality erfolgen.

Optiklösungen

Das Augmented-Reality-Headset orientiert sich in vielen Punkten an der HoloLens von Microsoft. Auch Lenovo setzt auf ein großes Frontvisier und transparente holographische Waveguide-Displays: Die optische Wellenleiter-Technologie zur Weiterleitung von Licht-/Laserstrahlen ist eine entscheidende Komponente für Anzeigesysteme der augmentierten Realität, in der Hologramme in den umgebenden Raum projiziert werden. Vereinfacht ausgedrückt wird durch in der Brillenbrücke verbaute Mikro-Projektoren ein digitales Bild in seine Bestandteile zerlegt und auf Wellenleitern vergrößert in das Sichtfeld des Users übertragen. Neben lichtführenden Wellenleitern werden teils auch andere Elemente wie Linsen oder Spiegel verarbeitet.

Wellenleiter-Technologien sind eine hochkomplexe Angelegenheit. Sie basieren auf Glassubstraten und durchlaufen ein diffiziles, teures Herstellungsverfahren.

Um eine überzeugende Bildgleichmäßigkeit in Helligkeit und Kontrast gewährleisten zu können, müssen die sog. diffraktiven Gitter, die das Licht beugen, auf Nanoebene angepasst werden. Es ist besonders schwierig das in einem Wellenleiter eingeschlossene Licht einzufangen und entsprechend weiter umzuleiten.

Kürzlich hat das Start-Up DigiLens kunststoffbasierte Wellenleiter angekündigt, die das volle Farbspektrum unterstützen, weniger zerbrechlich und v.a. weniger teuer sein sollen. Das wäre ein Meilenstein für die Branche: Schließlich sorgen hohe Herstellungskosten immer noch zuverlässig dafür, dass entsprechende AR-HMD-Devices kostenintensiv zu Buche schlagen.

Field of View

Doch zurück zum A6-Headset von Lenovo: Pro Auge ergibt sich hier eine Auflösung von 1080p mit einem Seitenverhältnis von 16:9 bzw. einem diagonalen Field-of-View (FoV) von 40 Grad. Damit würde die A6-Brille in dieser Hinsicht zwischen HoloLens 1 und HoloLens 2 (diagonales Sichtfeld von 34 bzw. 52 Grad) liegen und, im Vergleich mit zuletzt genanntem Modell bei 1440p je Auge, weniger scharf sehen.

Zum Vergleich: Das menschliche Auge kann in Bezug auf das binokulare Sichtfeld, also in Anbetracht beider Augen, horizontal bis zu 180 Grad und vertikal zwischen 60 und 70 Grad sehen.

FoV bei einer Sichtfeld-Diagonale von 50 Grad. Bildquelle: digitalbodies.net

Insofern wird die Lenovo A6-Brille Gegenstände wohl eher nur sehr zentral erfassen und beim Faktor Immersion, der wesentlich auch von einem großen FoV abhängt, zurückstecken müssen.

Magic Leap One bietet ein diagonales FoV von 50 Grad. Bildquelle: magicleap.com

Learning by Seeing

Mittels Tiefensensorik, Bewegungssensoren, Movidius Vision Processing (VPU) zur Sprach-/Gestikeingabe und Umgebungsverfolgung, 13 MP RGB- und zwei Fisheye-Kameras verspricht Lenovo ein rundum immersives Erlebnis. Intel Movidius VPUs sind für hochwertige Bildverarbeitungen und KI-Workloads bei niedrigem Leistungsbedarf konzipiert worden. So verfügen sie z.B. über mehrstufige Speichersubsysteme und Caches.

Der Akku mit einer Kapazität von 6800 mAh hält rund 4 Stunden.

Bildquelle: lumusvision.com

Allerdings ist die Hardware, anders als beim Konkurrenzprodukt HoloLens, nicht im Headset, sondern in einem tragbaren Mini-PC verbaut. Dieser wird mit einem Qualcomm Snapdragon 845 betrieben – einem Octacore-Prozessor, der auch in vielen Smartphones steckt.

Kartierung des Raumes

Der Snapdragon 845 ermöglicht die simultane Lokalisierung und Kartierung (SLAM) zum Abbilden von Benutzerumgebungen.

SLAM-Algorithmen werden in der Bildverarbeitung eingesetzt und rufen visuelle Daten aus der physischen Welt in Form von Punkten ab, um reale Räumlichkeiten auf virtueller Ebene zu repräsentieren.

Bei ThinkReality A6 soll nur Inside-Out-Tracking mit 3DoF zum Einsatz kommen. Das heißt, dass der Nutzer sich zwar im Raum umschauen, nicht aber etwa durch den virtuellen Raum bewegen kann.

Lenovo äußert sich mit den üblich beworbenen Vorteilen eines Augmented-Reality-Displays: Echtzeit-Fernschulungen von Mitarbeitern und den Vorteilen von Datenvisualisierungen für Unternehmen. ThinkReality A6 ist in erster Linie für Unternehmen konzipiert. Hier soll sich die neue AR-Brille v.a. als kostengünstigere Alternative zur HoloLens (die rund 3000 Euro kostet) durchsetzen.

Bildquelle: blog.windows.com

Werfen wir einen Blick auf die Konkurrenz, gegen die sich Lenovo mit dem neuen Headset positioniert: Auch die Microsoft HoloLens 2 richtet sich an Unternehmen und ist explizit als Business-Anwendung konzipiert. Anders als beim Vorgängermodell integrierten die Entwickler bei der zweiten Generation der Mixed-Reality-Brille Azure Spatial Anchor, bei dem die Anwendung digitaler Assets zwischen verschiedenen Devices synchronisiert werden kann. Somit können sich verschiedene Nutzer parallel durch dieselbe, persistent gestaltete Welt bewegen – virtuelle Objekte befinden sich für alle Nutzer am selben Ort. Gleichsam verbesserte sich die 3D-/4D-Steuerung im Hinblick auf MR-Tools wie etwa Dynamics 365 oder Architektur-Anwendungen wie die Bentley SYNCHRO XR-App auf Basis von Remote Rendering. Komplexe CAD-Modelle können somit, trotz immenser Rechenleistung, problemlos per gesplittetem Rendering in der Cloud generiert werden.

Derartige Innovationen hat Lenovo derzeit noch nicht angekündigt – kein gutes Zeichen für das neue Produkt.

Blick frei- Virtuelle Schulungen

Neben dem Intel Movidius Prozessor zur Bildverarbeitung wird die Hauptlast bei der ThinkReality A6 von einer externen, kabelgebundenen „Compute Box“ mit Smartphone-Hardware übernommen, auf der eine modifizierte Android-Oreo-Version läuft.

Die Verbindung zum Headset erfolgt via USB-C. Mit der Außenwelt kann via WLAN/Bluetooth kommuniziert werden – allerdings verzichtet Lenovo auf 4G/5G-Support.

Movidius X verfügt über eine proprietäre neuronale „Compute Engine“.

Die Neural Compute Engine ist ein On-Chip-Hardwareblock, der speziell für den Betrieb von tiefen neuronalen Netzwerken mit hoher Geschwindigkeit und geringem Stromverbrauch entwickelt wurde – ohne Kompromisse bei der Genauigkeit eingehen zu müssen, sodass Geräte ihre Umgebung in Echtzeit sehen, verstehen und mit geringer Latenzzeit darauf reagieren können.

Durch die Integration dieser KI-Verarbeitungsmodule werden die Funktionen zur Objekt- und Funktionserkennung erheblich erweitert. In puncto Produktdesign könnte das Headset beispielsweise Produktspezifikationen lernen und Designer bei der Kennzeichnung von Fehlern bzw. Mängeln unterstützen. In Trainingsanwendungen kann dem Headset beigebracht werden, bestimmte Werkzeuge zu erkennen, die ein Teilnehmer in seiner beruflichen Funktion zu verwenden hat. So könnte die AR-Anwendung auch lernen, Techniker auf beschädigte oder defekte Teile hinzuweisen. Dabei würden Fehler im Vorfeld vermieden und Kosten gesenkt werden.

Tech-Konzerne können mit AR-Apps für eine unkompliziertere Wartung ihrer Anlagen sorgen. Bildquelle: t3n.de

Die ThinkReality-Plattform wird hardware- bzw. cloudunabhängig sein. Sie kann z.B. in Amazon Web Services ebenso integriert werden wie in Microsoft Azure. Darüber hinaus soll die Plattform auch nicht allein an das Lenovo-Headset gebunden sein.

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Bildrechte Titelbild: © AndSus – Adobe Stock

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