Ein virtueller Spaziergang auf dem Meeresboden – VR & Tiefseeforschung

18. Januar 2019 Katrin Pape

Ein virtueller Spaziergang auf dem Meeresboden – VR & Tiefseeforschung

Bei „nur“ 1200 Metern eher in der oberen Tiefsee zuhause: eine jüngst entdeckte und noch völlig unerforschte Quallenspezies. Bildquelle: giphy.com

Lighten the Dark – (Ur-) Grund des Vorstellbaren

Die Tiefsee ist voller Magie. Für diejenigen, die das größte Ökosystem der Welt erforschen, bleibt es zeitlebens ein Wunder, ein kaum ergründbares Faszinosum. Denn: Es ist das am wenigsten erforschte Gebiet unserer Welt. Rund 53,6 Prozent unserer Erde besitzen Tiefenverhältnisse zwischen 3000 und 6000 Metern. Bereits ab 1000 Metern Tiefe herrschen vollkommene Dunkelheit und derart extreme Druckverhältnisse, dass weder Ab- noch Aufstieg ohne Weiteres möglich sind und sorgfältige Planung erfordern. Umso erstaunlicher, dass in diesen doch scheinbar lebensfeindlichen Tiefen der Ozeane trotzdem reges Treiben herrscht, auch vor dem Hintergrund der dort gemessenen hohen toxikologischen Konzentrationen (sogenannte langlebige organische Schadstoffe oder Persistant Organic Pollutants, kurz POP).

Schwarze Raucher als Hydrothermalquelle: das erhitzte Meerwasser wird mit Schwefelwasserstoff und Metallionen angereichert und tritt als saures Wasser bei bis zu rund 400 Grad Celsius am Meeresboden aus. Bildquelle: futureocean.org

Doch gerade diese sogenannten Schwarzen Raucher sind für die Entstehung von Leben in der Tiefsee von essentieller Bedeutung. Bei diesen Gebilden handelt es sich um dunkle Wolken aus kochendem Wasser, reich an Kupfer-, Zink- oder Eisensulfiden. Sie entstehen dort, wo die ozeanische Erdkruste besonders dünn ist und Wasser zwischen die Krusten kriecht. Kommt es mit der dort befindlichen Wärmeabgabe in Kontakt, löst das Wasser einige der in den Felsen verhafteten Metalle auf, bevor es geysirhaft vom Meeresboden ausgestoßen wird. In tiefster Dunkelheit und erbarmungsloser Kälte, flocken die vom Meerwasser getragenen Mineralstoffe Schicht um Schicht aus und bilden die charakteristischen Schlote. Mehrere dieser schwarzen Raucher bilden ein Hydrothermalfeld, das viele Dutzend Kilometer groß sein kann.
Diese Orte sind die am dichtesten besiedelten Orte der Tiefsee. Um Primärenergie zu erzeugen, nutzen Bakterien die im Wasser gelösten Schwefelwasserstoffe durch die Chemosynthese. Durch die hier begründeten Nahrungsketten entstanden artenreiche Lebenswelten, von denen wir bislang jedoch noch noch gar keinen rechten Begriff haben. Trotz Tiefsee-Drohnen und Robotik konnten die heißen Quellen nur unzureichend erforscht werden, Fragen zu Geologie und biochemischen Prozessen blieben – insbesondere wegen der dort herrschenden 700 Grad Fahrenheit und einer Tonne Druck pro Quadratzentimeter – offen.

Verborgene Schätze heben: 360-Grad-Videos aus der Tiefsee

Virtual Vents - Cruise Video 1 - FK160320

Ein Ort von wissenschaftlichem Interesse ist in diesem Zusammenhang auch das Niau-Atoll im Lau Basin, gelegen zwischen Samoa und Fidschi. Das Gebiet ist eine vulkanische Region des Meeresbodens, hier treffen die indisch-australische und pazifische Kontinentalplatte aufeinander.

Die Erforschung der Beschaffenheit dieser Tiefseeregionen ist vor allem deswegen von Bedeutung, da in naher Zukunft enorme Veränderungen in den Ökosystemen und Geographien von hydrothermalen Lüftungssystemen am Meeresboden eintreten könnten. Um die dortigen Lebensräume schützen zu können, sind neue Vermessungstechnologien erforderlich, die eine quantifizierbare und hochauflösende Überwachung für die Untersuchung dieser so abgelegenen Umgebungen ermöglichen. Wissenschaftler und Ingenieure vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum in Kiel setzten auf einer Expedition mit dem Forschungsschiff Falkor Virtual Reality ein, um weitreichende Areale zu kartografieren und visuell zugänglich zu machen. Dabei wurden rund 10 TB Daten gesammelt, 100 Stunden 4K-Videomaterial aufgenommen. Hauptziel der Studie: mit Hilfe von ROV (Remotely operated Vehicle) ROPOS, Titan-Spezialkameras/High-Resultion-Kameras und Virtual-Reality-Technologie dreidimensionale Modelle von Belüftungsgruppen unter biologischen, geologischen und hydrochemischen Charakteristiken zu erstellen, die auch von Außenstehenden als 3D-Umgebungskarte mit beispielloser Auflösung verwendet werden können. Anhand dieser Referenzen ist es anschließend möglich, die besten Orte zur Sammlung von Proben auszuwählen, die die verschiedenen Gesteinsarten und das Leben auf der Oberfläche des Abzugs widerspiegeln.

„Stellen Sie sich vor, sie gehen durch Manhattan und dürfen nur durch den Sucher einer Kamera sehen. Welche Art von Erfahrung würden Sie bekommen? (…) Wir wollten auf dem Meeresboden laufen – so einfach ist das.“ 

Dr. Kwasnitschka, GEOMAR, Chefwissenschaftler des Projekts Niau-Atoll

Die Anwendungen sind dabei auch für Nichtfachleute nutzbar: Die Daten können als High-End-Virtual-Reality-Simulationen an Universitäten abgerufen werden. Museen, die mit entsprechender Hard- und Software für wissenschaftliche Visualisierung ausgestattet sind, können ihre Besucher anhand aktueller Daten in eine Tiefseewelt eintauchen lassen. Das Helmholtz Institut stellt etwa regelmäßig Kuppelkinos für 360-Grad-Videos zur Verfügung, die interessierte Besucher mit VR in die Welt der Ozeane eintauchen lassen. Im Rahmen des hier angesiedelten Projektes „Uhrwerk Ozean“, partizipierte auch Aspekteins mit einem 360-Grad-Film.

Beautiful Creatures

3D-Ansicht einer Tiefseekoralle. Bildquelle: mbari.org

Auch das Monterey Bay Aquarium Research Institute arbeitet mit photogrammetrischen Mitteln, um die Tiefsee für den Betrachter nahbar zu machen; dafür kommen schon mal 7.500 einzelne Standbilder zusammen. Oft suchen Biologen dezidiert nach Erkenntnissen über die Menge an Biomasse, die an einen bestimmten Lebensraum gekoppelt ist. Der 3D-Scan eines Felsvorsprungs ermöglicht es, das Gestein virtuell zu „entfernen“, sodass die Wissenschaftler nun die Biomasse entsprechend berechnen können. In ähnlicher Weise verwenden Wissenschaftler die Software, um empfindliche Tiefseekreaturen wie Quallen und Tintenfische zu untersuchen, ohne durch die physische Sammlung und Begutachtung Schäden oder Störungen an den Organismen zu verursachen.

„Biologists are often interested in the amount of biomass in a particular habitat. A 3D-Scan of a rocky outcrop allows special software to virtually r e m o v e the rock, so that scientists can measure biomass growing on top of it. Similarly, scientists can use the software to examine and measure deep-sea creatures, like jellies and squids without the damage or disturbance caused by physical collection.“ 

Ben Erwin, ROV-Techniker/ Monterey Bay Aquarium Research Institute

Die Auswertung von 3D-Daten stellt in der Meeresforschung besonders im Hinblick auf die Variablen Längen-/Breitengrad und Tiefe eine große Hilfe dar. Denn VR soll hier, im Gegensatz zu 2D-Datensätzen, eine Verzerrung von relativen Positionen und räumlichen Merkmalen in den Daten verhindern. So lag der Fokus bei der Erforschung ozeanischer Zirkulationen bislang  in zweidimensionalen (Breitengrad und Tiefe) Ebenen. Um diese Vorgänge geowissenschaftlich besser und umfassender begreifen zu können, ist es wesentlich zu verstehen, dass Energiezirkulationen auf drei Ebenen stattfinden.

Die Institution Keck Caves (W.M.Keck Centre for Active Visualization in the Earth Sciences) der Universität Kalifornien/UC Davies beherbergt als kollaborative Umgebung ein großes Kontingent an Visualisierungs-Tools zur Erleichterung wissenschaftlicher Erhebungen. So wird mit 3D-Visualizer gearbeitet, um Rasterdaten immersiv erkunden zu können und interdisziplinär auszuwerten. VR-Headsets als auch CAVE-Umgebungen und GeoWalls können zur Visualisierung verwendet werden und dazu beitragen, genauere Kenntnisse über Merkmale und Prozesse z.B. globaler Meeresströmungen zu erlangen.

UC Davis KeckCaves Geothermal.MOV

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