Virtual-Reality auf der ITB 2018

27. April 2018 Pascal Hanke

Virtual-Reality auf der ITB 2018

Ins Paradies abtauchen – vom Messestand aus

Die Internationale Tourismusbörse öffnet auch 2018 wieder ihre Pforten. Vom Reiseveranstalter bis zum Reisebüro und vom Fachbesucher bis hin zum reisebegeisterten Privaturlauber – pünktlich zum Start in den Frühling, also rechtzeitig vor der Hauptreisesaison, lockt die ITB wieder tausende Messebesucher (160.000) nach Berlin.
Während die Tourismuswirtschaft hier neue Kontakte knüpft, bestehende Geschäftsbeziehungen pflegt und den Markt bzw. die Konkurrenz beobachtet, findet das Privatpublikum hier nicht nur eine Fülle an Reise-Inspirationen sondern gleich auch die passenden Urlaubs-Schnäppchen dazu.

Innerhalb dieses Rahmens hat Aspekteins sich auch in diesem Jahr wieder angeschaut, welche Schlüsselrollen die Virtual Reality und 360°-Technologie dabei spielen und alle Eindrücke für Sie zusammengefasst und analysiert. (Sie wollen zu unserem ITB-Artikel 2017? Klicken Sie hier!)

Attention please – Immersion needed!

Viele Besucher nutzen die Möglichkeit sich pro-aktiv vor Ort im Einzelgespräch mit den entsprechenden Standbetreuern zu informieren. Wer dazu keine Lust oder Zeit hat, dem steht selbstverständlich zusammenfassendes Informationsmaterial in Textform zur Verfügung. Stapel dröger Broschüren und Flyer zum Mitnehmen liegen an jedem Stand der 10.000 Aussteller aus 180 Ländern und werden somit in der Regel auch links liegen gelassen.

Die Aufmerksamkeit des Laufpublikums gewinnt man anders.
Die Menschenschlangen und -grüppchen bilden sich vor den herausstechenden Attraktionen der Messe: Livebands die mit internationalen Klängen akustisches Fernweh evozieren und exotisch ausgestattete sowie aufwendig dekorierte Cocktailbars und Restaurants, die das Auge und den Gaumen kurzzeitig in die Fremde entführen. Neuerdings schickt sich zudem ein weiteres ‚Abtauch-Medium‘ an, sich in die Riege der verlässlichen ‚Attention-Grabber‘ einzureihen: Immersive VR- und 360°-Experiences, die den Nutzer dank der visuellen und auditiven Illusion eines VR-Headsets an fremde Orte versetzen.

VR – Ideal für die Tourismusmesse

Die Aussteller profitieren gleich in mehrerlei Hinsicht von der modernen VR-Technologie:
Die VR-Headsets kommunizieren ein innovatives Versprechen und machen Besucher neugierig. Das wiederum führt zu einer verstärkten Frequentierung des entsprechenden Ausstellers. Zudem versetzen sie den Besucher virtuell und auf Knopfdruck in die angepriesenen Region: Brille aufsetzen und abtauchen. Das heißt immersive Bilder, 360°-Filme und VR-Animationen erzeugen effektive und ergreifende Rundumeindrücke beim Betrachter, wo Worte allein versagen würden.
Außerdem ist die Wiederverwendbarkeit gemessen am Nutzen der VR-Anwendung ein enormer Vorteil. Demnach stellt ein Großteil der Aussteller dem diesjährigen ITB-Publikum dieselben VR-Experiences aus dem Vorjahr zur Verfügung. Die Besucher wiederum stürzen sich nach unserem Dafürhalten mit gleichbleibenden Interesse und Enthusiasmus auf die zeitlosen VR-Erfahrungen.

VR-Technologie: Same same but different!

Gemeinsamkeiten – ITB 2017 & ITB 2018

Wie bereits im Vorjahr unterscheiden sich alle dargebotenen VR-Experiences in zwei wesentlichen Punkten voneinander.

  • Infrastruktur:

Folgende VR-Brillen wurden am häufigsten eingesetzt: Samsung Gear VR, HTC-Vive & Oculus Rift. Die VR-Brillen unterscheiden sich im Preis, dem Handling und der notwendigen Zusatzhardware voneinander. So haben HTC-Vive und Oculus Rift in puncto Bildqualität und der latenz- also ruckelfreien, blickrichtungsabhängigen Bildwiedergabe die Nase vorn. Sie sind allerdings von Haus aus kabelgebunden und im Verbund mit der zusätzlich benötigten Hardware (Computer, Controller, Sensoren, Wireless-System) enorm teuer.

Die Samsung Gear VR lässt sich hingegen sehr kostengünstig erwerben. Außerdem kommt sie kabellos daher, sodass der potenzielle Nutzer nicht Gefahr läuft, sich beim Umschauen im Kabelsalat zu verheddern. Der Haken: um zu funktionieren muss die Samsung Gear VR jeweils noch mit einem VR-fähigen Samsung Smartphone (Galaxy S6 oder neuer) bestückt werden. Die Pixeldichte der Smartphone-Displays ist häufig noch zu gering und kann mit den beiden VR-Brillen von HTC und Oculus nicht mithalten. Zudem besitzen Smartphones eine kurze Akkulaufzeit, laufen im Dauerbetrieb schnell heiß und fallen somit regelmäßig aus. Um einen lückenlosen Betrieb gewährleisten zu können und frustrierte Besucher zu vermeiden, sind VR-Ganztagsbetreuer vor Ort ratsam.

HTC-Vive oder Oculus Rift hingegen werden von einem VR-fähigen Computersystem im Hintergrund betrieben. Dieses gewährleistet über mehrere Stunden hinweg eine stabile Signalübertragung auf die entsprechenden Displays. Eine einmalige Einweisung eines Betreuers vor Ort in das System durch einen Experten reicht in der Regel aus, um einen dauerhaften Messebetrieb, auch ohne Vollzeitbetreuung, zu gewährleisten. Beide Systeme können Sie auch bei der Aspekteins GmbH mieten für Ihren Messeauftritt und Ihre Veranstaltung – nehmen Sie hier mit uns Kontakt auf.

  • VR-Inhalte:

Auch in diesem Jahr setzt die Tourismusbranche beim Thema VR vornehmlich auf 360°-Filmmaterial der angepriesenen Regionen. Im Regelfall wird dabei darauf geachtet, dass das Urlaubsgebiet so facettenreich wie möglich dargestellt wird, um einen möglichst intensiven und bleibenden Eindruck beim Besucher zu hinterlassen. Wie bereits erwähnt, wurden viele Arbeiten des letzten Jahres auch dieses Jahr wieder genutzt. Ebenso wie im Vorjahr setzen vornehmlich Lateinamerika und Mittel-, Nord- und Osteuropa verstärkt auf das Potenzial moderner VR-Technologien, wohingegen der asiatische Raum sich dem Thema zumindest auf Touristik-Messen noch kaum zu widmen scheint.

Häufig verwendet werden: 360°-Stadtführungen in Form von Rundfahrten oder –rundgängen und atemberaubende 360°-Landschaftsaufnahmen generiert mithilfe von Drohnen. Ebenfalls beliebt sind 360°-Begleitaufnahmen von Aktivurlaubern, bei denen sich der Zuschauer wahlweise mal im Kanu inmitten schwedischer Stromschnellen oder mal auf dem Rücken eines Bergsteigers an einer alpinen Felswand wiederfindet.

Auch hier gilt die Faustregel: Je exotischer und seltener der gezeigte Inhalt, desto interessierter sind die Besucher. Enorm stark frequentiert wird auf der diesjährigen ITB beispielsweise der Tschernobyl-Messestand, der Zuschauern die Möglichkeit gibt, die menschenleere und der Natur überlassene Region rund um den Kernreaktor zu besuchen.

Unterschiede und Trends – ITB 2017 vs. ITB 2018

Im Unterschied zum Vorjahr kann festgehalten werden, dass das Thema Interaktion innerhalb der 360°-Experiences eine immer stärkere Rolle spielt.
Am häufigsten schlägt dies in den interaktiven Menüs der VR-Interfaces zu Buche. Der Nutzer erhält zu Beginn der VR-Experience immer häufiger die Möglichkeit innerhalb eines visuell ansprechenden 360°-Panoramamenüs frei zwischen mehreren 360°-Szenen und kompletten 360°-Filmen wählen zu können. Die gestiegene Interaktivität bzw. Optionalität führt somit automatisch zu einer Steigerung der quantitativen Masse des gezeigten VR-Contents.

Ebenfalls beliebt: Echtzeit gerenderte VR-Inhalte, die keine passiven filmischen Eindrücke der Region vermitteln, sondern zum Mitmachen animieren, z.B. an regionsspezifischen, kulturellen Praktiken. So erhält das ITB-Publikum am kolumbianischen Messestand die Chance an einem interaktiven VR-Kalimba-Unterricht oder einer virtuellen Salza-Tanzstunde teilzunehmen.

Noch selten aber sehr innovativ: Historische VR-Zeitreisen. Der Zuschauer taucht ab in eine vollständig computergerenderte und somit interaktiv begehbare 360°-Simulation historischer und touristischer Plätze und Attraktionen, z.B. in den historischen luxemburger Stadtteil „Pfaffenthal“. Auf der ITB kann sich der Zuschauer freilich nur mithilfe der VR-Controller durch den historischen Stadtkern navigieren. In Luxemburg selbst aber könnte er im Rahmen einer tatsächlichen Busrundfahrt wahrhaftig durch eben jene historische VR-Kulisse kutschiert werden – dank Satelliten-Tracking und VR-Brille.

Die zunehmende VR-Interaktivität in der Touristik folgt somit dem aktuellen Trend der gesamten VR- und 360°-Filmindustrie, ihre 360°-Experiences stärker mit bewussten und unbewussten Entscheidungspfaden zu versehen (Stichwort: Hyperresponsive Virtual Reality).

Tourismus-VR-Symbiose ist doch kalter Kaffee auf 360°C neu aufgewärmt

Übrigens: Es mutet auf den ersten Blick sehr innovativ und neuartig an, die ITB in dieser Art und Weise mit hochmoderner VR-Technologie und 360°-Inhalten zu bereichern. Immerhin: wo, wenn nicht im Tourismus, besteht ein solches Bedürfnis in fremde Welten ein- und abzutauschen? Es scheint also völlig einleuchtend, wenn sich die Tourismusbranche förmlich auf das virtuelle Rundummedium stürzt, als hätte sie seit jeher nur auf diesen gegenwärtigen Moment gewartet.

Dabei gehörten immersive Rundummedien seit spätestens dem 19. Jahrhundert stets zu den Highlights internationaler Messen und Leistungsschauen. Nachdem Robert Barker Ende des 18. Jahrhunderts das klassische 360°-Gemälde-Panorama erfand und patentieren ließ, kam es 1851 in der ersten Londoner Weltausstellung bereits zur Aufführung mehrerer Dioramen (Panoramen, die durch Bildwechsel und tageszeitenabhängiges Lichtspiel einen Zeitverlauf darstellen) und Moving-Panoramen (sich tatsächlich bewegende, auf- und abrollende 360°-Leinwände). 360°-Panoramamotive stellten anfänglich detailgetreue Landschaftsausschnitte bekannter und fremder Orte dar. Später rückten historische Ereignisse in den Mittelpunkt. 1879 wurde das 360°-Panorama „Die Belagerung von Paris“ des Künstlers Félix Philppoteaux zum Publikumsmagneten der Pariser Weltausstellung (siehe: Piktoral-Dramaturgie: Visuelle Kultur und Theater im 19. Jahrhundert (1869-1899) von Nic Leonhardt). 1900 schuf Raoul Grimoin-Sanson ebenfalls auf der Pariser Weltausstellung bereits die erste 360°-Filminstallation der Welt. In seinem Cinéorama konnten sich die Besucher auf eine ‚virtuelle‘ Ballonfahrt begeben. Dazu wurde eine nahtlose Raumprojektion bestehend aus 10 unidirektionalen Kameraaufnahmen einer tatsächlichen Ballonfahrt im 360°-Radius rings um den Betrachter abgespielt.

Kurz: In der Zeit vor den Pauschalreisen, Billigflügen und erschwinglichen All-inclusive-Urlauben fehlten vielen noch die finanziellen Mittel, um tatsächlich mit der Eisenbahn halb Europa zu erkunden. Die dennoch allerorts aufkeimende Reiselust konnte in vielen europäischen Metropoloen stattdessen kostengünstig in panoramatischen Rundumgemälden oder -projektionen kompensiert werden. Das passierte in hohem Maße eben auch auf Weltausstellungen. Gleichsam bot jene eine internationale Bühne und somit einen Anporn für die zeitgenössischen Erfinder und Entwickler. Diese waren so gewillt ihre immer neueren und immersiveren Technologien hier zu präsentieren und voranzutreiben.

Vor diesem Hintergrund kann durchaus behauptet werden, dass es sich bei der Nutzung digitaler VR-Technologie auf Tourismusmessen und -Expos um eine konsequente Fortführung einer immersiven Kulturpraktik handelt, die erstmals bereits in den Panoramen und panoramatischen Medien der Weltausstellungen vor rund 200 Jahren einsetzte.
Ein Jahrhunderte währender Trend zeigt also: 360°-Medien und Reiselust gehören seit jeher zusammen.

Bildrechte: ©Aspekteins GmbH 2018

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